Kommentar: Etikettenschwindel gefährdet Kleinanleger, die privat Vorsorgen

Seit der Finanzkrise im Jahr 2008 wird an der sogenannten Finanztransaktionssteuer gearbeitet. Das Ziel dieser war, Banken – die maßgeblich für die Finanzkrise verantwortliche waren – an den durch die Krise entstandenen finanziellen Belastungen des Fiskus zu beteiligen. Darüber hinaus sollten riskante Spekulationen eingedämmt werden, um einer weiteren Finanzkrise vorzubeugen. Nun verkündete Olaf Scholz, dass die Steuer 2021 eingeführt werden soll.

Wie funktioniert eine Finanztransaktionssteuer?

Im Prinzip ist die Finanztransaktionssteuer einfach erklärt: Börsengehandelte Produkte sollen beim Kauf und Verkauf auf Basis des Transaktionsvolumens besteuert werden. Werden beispielsweise 10 Aktien der thyssenkrupp AG bei einem Preis von 12,13 € pro Stück und einer Transaktionssteuer von 0,2 % gekauft, fließen 24 Cent an den Fiskus. Weitere 24 Cent würden bei einem Verkauf zum gleichen Preis fließen. Auf den ersten Blick eine geringe Summe – nicht aber unter Berücksichtigung des Stichwortes „Zinseszinseffekt“.

Ein langfristiger Anleger, der einen ETF-Sparplan (ein Fonds, der nicht durch einen Fondsmanager gesteuert wird, sondern lediglich einen bestimmten Index nachbildet, wie bspw. den DAX), 25 Jahre lang zur Altersvorsorge anspart, muss bereits tiefer in die Tasche greifen:

Bei einer monatlichen Ansparrate von 100 € hätte er bei einem durchschnittlichen Zinssatz von 5 % p.a. ein Endkapital von 58.823,65 €. Bei einer Finanztransaktionssteuer von 0,2 % fließen jedoch nur 99,80 € pro Monat in den Sparplan. Damit hat er ein Endkapital von 58.706,00 €, also 117,65 € weniger. Beim Verkauf würden neben der Abgeltungsteuer und dem Solidaritätszuschlag von 26,375 % auf die Kapitalerträge zusätzlich 0,2 % auf die Transaktionssumme geltend werden. Damit steigern sich die Finanztransaktionssteuerabgaben von 117,65 € auf 235,06 € – und die Rendite wird geringer. 

Warum Etikettenschwindel?

Die geplante Steuer von 0,2 % mag zunächst nicht hoch erscheinen, verdeutlicht man sich demgegenüber jedoch das maßgebliche Ziel einer Besteuerung der Banken und einer Eindämmung risikoreicher Spekulationen, wird ersichtlich, dass dieses heute nur noch Schall und Rauch ist: Statt einer EU-weiten Einführung haben sich nur eine Handvoll Länder auf eine Finanztransaktionssteuer geeinigt. Die Ausgestaltung dieser ist weiterhin von Land zu Land unterschiedlich. In Deutschland sollen darüber hinaus keine risikoreicheren Finanzprodukte besteuert werden, wie beispielsweise Derivate, sondern nur Aktien.

Institutionelle Investoren können die Finanztransaktionssteuer aus diesem Grund einfach umgehen. Dazu können Banken und Fondsgesellschaften ihre Transaktionen unbesteuert in Luxemburg tätigen, da es dort keine Finanztransaktionssteuer geben wird. Weiterhin werden sie womöglich verstärkt risikoreicher spekulieren – eben durch Produkte wie Derivate, Optionen und weitere spezielle Finanzinstrumente, die von der Finanztransaktionssteuer nicht betroffen sind.

Das Leid des „kleinen Mannes“ unter der zielverfehlenden Steuer

Letztendlich wird diese Steuer nur den „kleinen Mann“ treffen – den konservativen Kleinanleger, der privat vorsorgen möchte. Denn im heutigen Niedrigzinsumfeld erscheinen Aktien und Fonds für eine immer größer werdende Gruppe der beste Weg, um Vermögen aufzubauen. Mit einem Sparkonto kann man wohl kaum noch für die Rente vorsorgen. Wie das Onlineportal Tagesgeldvergleich veranschaulicht, liegt der aktuelle Durchschnittszinssatz bei gerade einmal 0,09 % p.a.

Dies trifft natürlich nicht für unseren Finanzminister Olaf Scholz zu, der hinter der wenig durchdachten Steuer steht. Denn dieser verkündete in der Bild am Sonntag zum Thema Geldanlage, dass er sich damit kaum beschäftige. Das Geld „liegt einfach auf dem Sparbuch.“ Eine leichte Aussage bei einem monatlichen Grundgehalt von über 15.000 €.